Stufe 2

Die Stufe 2 des Forschungsprojekts ist auf die Entwicklung, Erprobung und Evaluation eines Interventionsinventars gerichtet, wobei das in Stufe 1 entwickelte Diagnostikinventar je nach Fragestellung in Längsschnittstudien unterschiedlicher Laufzeit (Mikro- und Makrozyklen) zur Anwendung kommt. In einem ersten Arbeitsschritt werden in mehreren unabhängigen Untersuchungsmodulen Interventionsstudien mit (quasi-)experimentellem Untersuchungsdesign durchgeführt, um die Effektivität der verschiedenen aktiven und passiven Regenerationsmaßnahmen bei kontrollierten Trainingsbelastungen auf die Wiederherstellungsprozesse zu prüfen (Module H2.1-1 bis H2.1-5). Angesichts endlicher finanzieller Ressourcen erfolgt die notwendige Selektion der zu prüfenden regenerativen Maßnahmen aus dem vielfältigen Angebot aufgrund von zwei vorrangigen Kriterien: wissenschaftliche Evidenz auf Basis der aktuellen Studienlage und Praxisrelevanz, beurteilt anhand der Befragung der Verbände durch den DOSB, flankiert durch eine internationale Befragung (Modul FX). Derzeit geplant sind dementsprechend Interventionsstudien zu den Schwerpunkten aktive Erholung, Ernährung, Schlaf/Power Naps, Kälte/Wärme/Wasser, Kompressionsklei-dung und Psychoregulation. Mit zunehmender Annäherung an das Handlungsfeld des Leistungssports werden anschließend zwei Module mit komplexen und miteinander kombinierten Interventionsstrategien unter simulativen Turnierbedingungen und unter realen Bedingungen eines Trainingslagers mit A-Kaderspielern (s. Begleitschreiben des DBB) realisiert (Module H2.1-6/ H2.1-7).

Die durch Modul H2.2 abgebildeten Feldstudien eröffnen einen besonderen Zugang zum realen Handlungsfeld des Hochleistungssports mit seinen individuellen Bedürfnissen und Spezifika. Um die Komplexität des Trainingsprozesses und die Wirkung regenerativer Maßnahmen auf die Leistungsfähigkeit zu untersuchen, wird ein evaluativer Forschungsansatz gewählt. Hierbei werden u.a. zeitreihenbasierte informatische Modellierungen durchgeführt, womit sich sowohl das Ausmaß von Trainingseffekten (einschl. Regeneration) als auch deren zeitliche Verzögerung quantifizieren lassen. Mit der in Stufe 2 verfolgten Forschungsstrategie werden somit zunächst einzelne Wirkungen oder Zusammenhänge systematisch aufgedeckt, um sie anschließend unter den Bedingungen der leistungssportlichen Praxis auf ihre Relevanz zu prüfen.

Modul F2.2: Sportmassage und Vibrationsmassage (Meta-Analyse)

Zum Thema „Massage“ erscheint die verfügbare Literatur so umfangreich, dass keine eigene empirische Untersuchung angestrebt wird, zumal mit hoher Wahrscheinlichkeit nur vorlie-gende Befunde repliziert würden. Es scheint angemessener, auf der Basis einer umfassenden Literaturrecherche im Bereich der Anwendung von Massage und (niedrigfrequenter) Vib-rationsmassage zur Beschleunigung der Regeneration einen meta-analytische Überblick zum aktuellen Forschungsstand zu erarbeiten. Dabei wird in erster Linie auf die Online-Datenbank „PubMed“ der nationalen medizinischen Bibliothek der Vereinigten Staaten (NLM) zugegriffen. In dieser Datenbank sind alle medizinisch relevante Fachzeitschriften verzeichnet und zudem ein großer Anteil der sportwissenschaftlichen Zeitschriften. Weiterhin werden folgende Suchmaschinen verwendet: BISp-Datenbanken, vifasport.de, medpilot.de, zbsport.de, scopus.com, ISI Web of Science, Allied and Complementary Medicine Database (AMED), Cochrane Database of Systematic Reviews, Excerpta Medica Database (EM-BASE). Voraussetzung für die Aufnahme einer Studie in die Analyse ist eine Publikation in einer international begutachteten Zeitschrift. Zusätzlich muss das Studiendesign entsprechend dem üblichen Vorgehen bei der Erstellung internationaler Übersichtsarbeiten eine Randomisierung und eine Kontrollbedingung enthalten.

Modul FX: Internationale Befragung

Fragestellung: Welche Prävalenz und Relevanz besitzen regenerative Maßnahmen in der leistungssportlichen Praxis im internationalen Vergleich und in Abhängigkeit von Trainings- und Wettkampfinhalten sowie Umgebungstemperaturen? Welche spezifischen subjektiven Erfahrungen zu Regenerationsmaßnahmen bestehen in der Sportpraxis?

Modul H2.1

Modul_H2_1

Modul H2.1-1: Aktive Erholung (2 Studien)

Fragestellung zum Krafttraining: Welche Auswirkungen besitzt die Art der muskulären Aktivität (lokale Effeke bei Aktivität der beanspruchten Muskulatur selbst vs. systemische Wirkungen durch andere zur Regeneration eingesetzte Muskelgruppen) einer allgemein-aerob-dynamischen aktiven Erholung im Vergleich zu statischem Dehnen nach hochintensivem Krafttraining auf Leistungsfähigkeit und Erholtheit?

Fragestellung zum Ausdauertraining: Welche Auswirkungen besitzt eine allgemein-aerob-dynamische aktive Erholung auf die Verträglichkeit eines High-Intensity-Ausdauertrainings sowie auf die mittelfristige Entwicklung der Ausdauerleistungsfähigkeit im Rahmen eines vierwöchigen Längsschnitts im Vergleich zu einer passiven Erholung? Welchen Einfluss besitzt eine aktiv regenerative Taperphase?

Modul H 2.1-2 Schlaf/Power Naps (2 Studien)

Fragestellung der Beobachtungsstudie: Wie verändert sich das Schlafverhalten in Abhängigkeit von Training, Wettkampf sowie privaten und beruflichen Aktivitäten?

Publikation:
Kölling, S., Endler, S., Ferrauti, A., Meyer, T. & Kellmann, M. (2015). Comparing Subjective with Objective Sleep Parameters via Multi-Sensory Actigraphy in Physical Education Students. Behavioral Sleep Medicine. 00, 1-17

Fragestellung der Interventionsstudie: Welchen Einfluss haben Power Naps im Anschluss an intensive sportliche Belastungen auf die Wiederherstellung der sportartspezifischen Leistungsfähigkeit? Wie stellt sich dieser Einfluss über eine mehrtägige Trainingsphase dar?

Modul H2.1-3 Kälte/Sauna/Wasser (2 Studien)

Fragestellung der Akutinterventionsstudie: Welchen Einfluss haben Kaltwasserimmersion und Sauna auf die Regeneration nach intensiven sportartspezifischen Belastungen?

Fragestellung der Trainingsstudie: Kann eine wiederholte Kühlung nach Krafttrainingseinheiten den Trainingseffekt beeinträchtigen? Wegen des eher grundsätzlichen Charakters der Fragestellung sind Spitzensportler für diese Studie entbehrlich.

Modul H2.1-4: Kompressionskleidung (Würzburg)

Fragestellung: Welche akuten und mittelfristigen Auswirkungen besitzen Kompressionshosen unterschiedlicher Druckstärke auf den Regenerationsverlauf nach verschiedenen intensiven Ausdauer-, Sprint- und Sprungkraftbeanspruchungen?

Modul H2.1-5: Sportpsychologische Erholungsstrategien (2 Studien)

Fragestellung: Welche Erholungsstrategie hat den größten Effekt nach einer körperlichen oder einer kognitiven Belastung? Wirkt sich eine Störung der Erholung auf die Leistung aus? Insbesondere der zweite Teil der Fragestellung hat eher grundsätzlichen Charakter, so dass nicht ausschließlich spitzensportlich aktive Probanden zur Klärung erforderlich sind.

Modul H2.1-6: Komplexintervention Trainingslager

Fragestellung: Welchen Einfluss hat die Anwendung einer Ganzkörperkältekammer im Anschluss an ein komplexes sportspielspezifisches Training auf die Erholung?

Modul H2.1-7: Komplexintervention Tennisturnier

Fragestellung: Welche Auswirkungen besitzt ein komplexes Regenerationsprogramm auf Parameter des Diagnostikinventars sowie auf die allgemeine und tennisspezifische Leistungsfähigkeit während und nach einem simulierten Grand Slam-Turnier?

Modul H2.2: Feldstudien

Geplant sind verschiedene Studien im sportpraktischen Handlungsfeld von Athletinnen und Athleten des nationalen bzw. internationalen Leistungsniveaus (Sportarten: vgl. Kooperationspartner der Sportpraxis), bei denen die Wirkung regenerativer Maßnahmen auf Indikatoren der Erholtheit untersucht wird. Der forschungsmethodische Zugang erfolgt über eine informatische Modellierung einzelfallbezogener Zeitreihen. Verwendet wird das Performance-Potential-Model (PerPot) und das Performance-Potential-Double-Model (PerPot-DoMo), die zur simulativen Trainingswirkungsanalyse bei prozessualen Daten geeignet sind. Fragestellungen zu folgenden Teilaspekten werden untersucht:

  1. Trainingsmethodische Regenerationsmaßnahmen: Wie wirken sich Strategien der Belastungs-Erholungs-Gestaltung (Tapering, Ruhetage, REKOM-Training) auf Indikatoren der Erholtheit (Diagnostikinventar) aus? Wie lassen sich diese Strategien optimieren?
  2. Aktive Akutinterventionen und passive Regenerationsmaßnahmen:

a) Wie wirken sich die in der jeweiligen Sportart angewendeten Regenerationsmaßnahmen auf Indikatoren der Erholtheit (Diagnostikinventar) aus?

b) Wie wirken sich Methoden und Verfahren des im Projekt entwickelten Interventionsinventars auf Indikatoren der Erholtheit aus?

Zu diesem Zweck werden die zeitliche Verzögerung der abbauenden und -aufbauenden Prozesse auf die Indikatoren der Erholtheit, die modellinterne „Reservefunktion“ und das Ausmaß der Anpassung analysiert. Erwartet wird, dass durch effektive regenerative Maßnahmen 1. sich die zeitliche Verzögerung der aufbauenden Prozesse (Fitness) verkürzt, 2. die Reserve geringfügiger abnimmt und 3. sich das Ausmaß der Anpassung erhöht.

Belastungs-/Beanspruchungsindikatoren (Input): tägliche Dokumentation von Umfang (u. a. Distanz/Strecke, Zeit) und Intensität (u. a. Leistung/Geschwindigkeit, HF) bzw. undifferenziert über aggregierte Maße (u. a. Ws., TRIMP, Inventare „subjektives Belastungsempfinden“).

Regenerationsindikatoren (Output): engmaschige, prozessbegleitende Erfassung von Parametern des Diagnostikinventars (Modul H1), ergänzt durch sportartspez. Leistungstests.